Klimaregulation – und mehr

Indem er Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnimmt, mildert der Ozean die globale Erwärmung. Dieser unbezahlbare Service basiert auf chemischen und biologischen Prozessen im Meerwasser. Der Kreislauf der Elemente sichert auch viele weitere wichtige Ökosystem-Leistungen. Der Klimawandel kann sie aus dem Gleichgewicht bringen.

 

Lebensspendende Stoffkreisläufe

Kohlenstoff, Stickstoff und Phosphor: Drei mit­­-einander verbundene Stoffkreisläufe sichern das Leben im Ozean. Der wichtigste von ihnen ist der Kohlenstoffkreislauf, der gleichzeitig eine Schlüsselrolle im Klimasystem spielt. Doch auch andere Ökosystem-Leistungen des Ozeans werden von den Veränderungen in der Zirkulation und im Austausch der Elemente betroffen sein.

Der Ozean absorbiert etwa 30 Prozent des Kohlendioxids (CO2), das Menschen jedes Jahr freisetzen. Dadurch steigen die Konzentrationen dieses Treibhausgases in der Atmosphäre langsamer, und die globale Erwärmung wird abge­mildert. Aber wenn sich mehr und mehr CO2 im Meer­wasser löst, sinkt dessen Aufnahmekapazität. Steigende Tempera­turen verstärken das Problem noch: Je wärmer das Meerwasser wird, desto weniger CO2 kann es halten.

 

Die biologische Kohlenstoffpumpe

Neben chemischen Reaktionen steuern biologische Pro­zesse die CO2-Aufnahme im Ozean über die sogenannte biol­­­o­gische Pumpe. In der obersten Wasserschicht nutzt Phytoplankton Kohlendioxid und Sonnenlicht, um orga­nisches Material zu produzieren. Einige dieser Partikel sinken in tiefere Wasserschichten und werden im Ozean­inneren abgebaut. Indem sie darauf hinarbeitet, die Konzentration an der Wasseroberfläche zu verringern, treibt die ­biolo­gische Pumpe die Kohlendioxid-Aufnahme aus der Atmosphäre an.

Ozeanversauerung und steigende Temperaturen beeinträchtigen die Effizienz der biologischen Kohlenstoffpumpe. Eine Erwärmung der Wasseroberfläche steigert die Schichtung der Wassersäule, und weniger Nährstoffe gelangen in die sonnendurchschienenen oberen Bereiche. Stehen weniger Nährstoffe zur Verfügung, wird weniger organisches Material an der Oberfläche produziert und weniger Kohlenstoff in die Tiefe transportiert.

 

Versauerung schwächt die Pumpfunktion

Forschungen zufolge verschiebt Ozeanversauerung die Zusammensetzung in der Phytoplankton-Gemeinschaft hin zu kleineren Arten. Kleineres Plankton sinkt langsamer, und die Pumpfunktion nimmt ab. Außerdem fällt es kalk­bildendem Plankton in einem saureren Ozean schwerer, seine Strukturen aufzubauen. Die einzellige Alge Emiliania huxleyi umgibt sich beispielsweise mit winzigen Kalkplättchen. Diese winzigen Partikel ziehen organisches Material als Ballast in den tiefen Ozean. Eine verringerte Kalkproduktion kann daher auch dazu führen, dass die biologische Pumpe geschwächt wird.

Diese Veränderungen im Sinkprozess werden teilweise dadurch kompensiert, dass Erwärmung die oberen Schichten des Ozeans dünnflüssiger werden lässt. Dies könnte die Geschwindigkeit wieder ein wenig steigern. So kann das komplexe Wechselspiel der Prozesse es extrem erschweren, die endgültigen Auswirkungen auf die biologische Kohlenstoffpumpe abzuschätzen.

 

Stickstoff- und Phosphorkreislauf

Außer dem Kohlenstoffkreislauf müssen auch zwei weitere Kreisläufe im Einklang sein, damit das System Ozean funk­tioniert: Der Stickstoff- und der Phosphorkreislauf halten das Leben im Meer aufrecht – und auch sie sind vom Ozean­wandel betroffen.

Spezialisierte Organismen nehmen im warmen Oberflächenwasser gasförmigen Stickstoff auf, der dem Phytoplankton sonst nicht zugänglich ist, und bringen ihn ins Nahrungsnetz ein. Ozeanversauerung unterstützt diese wichtige Stickstoffquelle – was wiederum die Produktion organischen Materials und damit die CO2-Pumpe ankurbeln könnte, sofern nicht eine begrenzte Verfügbarkeit anderer Nährstoffe diesen Effekt wieder schmälert.

Mikroben, die am sauerstoffarmen Meeresboden leben, verarbeiten Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen wieder zu Gas und geben es an die Atmosphäre ab. Während die Sauerstoff-Konzentrationen im Ozean sinken, geht mehr biologisch verfügbarer Stickstoff verloren, und mehr ­Phosphor wird aus Tiefsee-Sedimenten gelöst. Doch nur wenn sich die Umsatzraten beider Prozesse etwa im Gleich­gewicht befinden, kann der Ozean weiterhin so produktiv sein wie heute.

Ozeanversauerung und -erwärmung stören die marinen Stoffkreisläufe. Sie beeinträchtigen nicht nur die CO2-Aufnahme, sondern werden auch den lebensnotwendigen Austausch von Nährstoffen und damit die Produktivität des Ozeans sowie marine Nahrungsnetze und deren Ökosystem-Leistungen beeinflussen.


WEITERLESEN: Fallbeispiel Wie geht’s weiter, Emiliania huxleyi?