Wie geht es Lophelia & Co?
Forscher bergen Messgeräte und Langzeit-Experimente aus zwei norwegischen Kaltwasserkorallen-Riffen
Wie reagieren Kaltwasserkorallen auf sich ändernde Umweltbedingungen wie steigende Wassertemperaturen und Ozeanversauerung? Können die empfindlichen Riffe dem Klimawandel standhalten?
Die 473. Expedition des deutschen Forschungsschiffs POSEIDON hilft, drängende Fragen über die Zukunft des marinen Ökosystems zu beantworten. An der Reise, die unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel im Rahmen des deutschen Forschungsverbunds zur Ozeanversauerung BIOACID (Biological Impacts of Ocean Acidification) stattfindet, nehmen auch Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven, des Meeresforschungsinstituts Bergen, der Universität Fribourg und des Senkenberg am Meer, Wilhelmshaven teil. Sie beginnt am 15. August 2014 in Tromsø, Nordnorwegen, und endet am 4. September 2014 im dänischen Esbjerg.
Vor einem Jahr hatte das Forscher-Team auf der POSEIDON-Ausfahrt POS 455 drei so genannte „Lander“ am Rande von Korallenriffen im äußeren Trondheimfjord und am Sula-Riff vor der Küste Mittelnorwegens platziert. In Wassertiefen zwischen 175 und 300 Metern erfassten diese Messeinheiten zwölf Monate lang unter anderem Temperatur, Salzgehalt, Druck, pH-Wert, Sauerstoffgehalt, Strömung und Gezeiten. Jetzt werden die Lander wieder geborgen. „Wir sind sehr gespannt auf die Daten. Über solch einen langen Zeitraum wurden noch nie so viele physikalische und biogeochemische Parameter in einem Kaltwasserkorallen-Riff gemessen“, erklärt Fahrtleiter Dr. Armin Form vom GEOMAR. „Für uns ist es wichtig, zu erfahren, welchen Schwankungen die Organismen etwa in Bezug auf Temperatur oder pH-Wert in der Natur ausgesetzt sind. Mit diesem Wissen können wir treffendere Prognosen für die Zukunft der Riffe abgeben und unsere Laborexperimente noch realistischer gestalten.“
Um die jährlichen Zuwachsraten der Korallen in ihrem natürlichen Lebensraum zu messen, wurden im Juli 2013 außerdem einzelne Korallenstöcke lebend aus den Riffen geborgen, an Bord gewogen und ihre Kalkskelette mit einem Farbstoff markiert. Anschließend wurden sie in kleinen Kunststoffkäfigen ins Riff zurückgesetzt. Jetzt sollen Untersuchungen dieser Proben zeigen, wie sich die Tiere entwickelt haben. „Lophelia pertusa, die Koralle, mit der wir hauptsächlich arbeiten, wächst etwa einen Zentimeter im Jahr“, weiß GEOMAR-Meeresbiologin Janina Büscher. „Die Skelettschichten, die seit dem vergangenen Jahr hinzugekommen sind, werden wir genau prüfen und mit den Messungen der Lander abgleichen. Außerdem testen wir die Stoffwechsel-Rate und Fitness. Besonders interessant dürfte der Vergleich zwischen Korallen aus dem Sula-Riff weit draußen auf See und den Proben aus dem Trondheimfjord werden, wo die Korallen weitaus stärkeren menschlichen Einflüssen ausgesetzt sind.“
Das Forschungstauchboot JAGO wird die Probenbehälter behutsam aufnehmen und an die Oberfläche zurück bringen. Außerdem sammeln die Forscher mit JAGO gezielt Organismen für neue Experimente an Bord und an Land. So sollen Langzeitversuche in den Heimatlaboren später zeigen, wie sich Ozeanversauerung und -erwärmung sowie die Nahrungsverfügbarkeit auf grundlegende physiologische Mechanismen der Kaltwasserkorallen, Muscheln und Schwämme auswirken. Um den Wandel im Riff weiter zu verfolgen und die Artenvielfalt genauer zu beziffern, sind außerdem umfangreiche Video-Dokumentationen geplant.
Neues von Bord veröffentlichen die Teilnehmer der Expedition POS 473 regelmäßig in ihrem Blog unter www.oceanblogs.org/pos473