BIOACID II – Konsortium 2: Reaktion der benthischen Gemeinschaften auf interaktiven Stress

Leitung: Prof. Dr. Martin Wahl (GEOMAR, Kiel)

 

Ökologische, evolutionäre, geologische, ozeanographische und klimatische Bedingungen steuern die Verteilung der verschiedenen Arten im Meer. Die Eigenschaften dieser Arten und ihre Anzahl sind nicht nur für ihre Rollen und Funktionen innerhalb des Systems ausschlaggebend, sondern bestimmen auch, wie die gesamte Lebensgemeinschaft auf Stress und Störungen reagiert. Zum „Stress“ können globale Faktoren wie Temperatur und pH-Wert und regionale Charakteristika werden, etwa Salzgehalt, Überdüngung oder Sauerstoffkonzentration. Hinzu kommen die Einwanderung neuer Arten, Überfischung, Umweltverschmutzung und bauliche Veränderungen an der Küste.

Bisherige Studien haben Auswirkungen einzelner Störungen auf einzelne Arten erforscht. Wenig bekannt ist jedoch, wie eine Gemeinschaft aus mehreren Spezies auf eine Kombination von Stressoren reagiert. Wir wissen, dass sich unsere marinen Lebensgemeinschaften ändern werden – jedoch nicht, in welcher Richtung, in welchem Umfang und mit welchen Konsequenzen für das Ökosystem.

Das BIOACID-Konsortium 2 „Reaktion der benthischen Gemeinschaften auf interaktiven Stress“ will eine Kombination von Klimawandel-Faktoren in Lebensgemeinschaften simulieren, die am Boden der Nord- oder Ostsee existieren. Temperaturanstieg und Abnahme des pH-Werts im Wasser (Versauerung) stehen dabei als verbreitetste und folgenreichste Parameter im Mittelpunkt.

Für die Versuche wurden regionstypische Wasserpflanzen aus der Nord- und aus der Ostsee samt der von ihnen abhängigen Arten ausgewählt: der Blasentang Fucus vesiculosus und das Seegras Zostera marina / Zostera noltii. Seegras- und Blasentang-Gemeinschaften sind in beiden Meeren weit verbreitet und spielen wichtige Rollen als Primärproduzenten, Kohlenstoffsenken, Wasserfilter, Stabilisatoren von Sedimenten, Energiequellen für Mikroben und Pflanzenfresser sowie als Lebensraum für Aufwuchsorganismen und Jungfische.

Um die klimawandelbedingte Veränderungen dieser Lebensgemeinschaften genauer zu beleuchten, wurden in Kiel und in List auf Sylt Benthokosmen, Versuchstanks mit einem Fassungsvermögen von 4.000 Litern eingerichtet. In den Behältern lassen sich Temperatur, pH-Wert, Sauerstoff, Salzgehalt, Licht, CO2-Druck, Nährstoffe und weitere Werte detailliert steuern. Mehrere drei bis vier Monate lange Versuche auf Sylt und in Kiel helfen, einzelne und interaktive Auswirkungen einer Vielzahl von Belastungen auf die vertretenen Arten und auf die Lebensgemeinschaft besser zu verstehen.

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Das erste BIOACID-Experiment in den Kieler Benthokosmen beginnt. Foto: Jan Steffen, GEOMAR